Die Initiative für mehr Demokratie ist schockiert über den Umgang in der Ersten Gesetzgebungskommission des Landtages mit den Gesetzentwürfen, mit denen endlich die Anwendbarkeit der Mitbestimmungsrechte gesichert werden sollte. Eingebracht worden sind sie von sechs Parteien des Bündnisses für Mehr Demokratie.
Es fehlte die nötige Kenntnis der Materie und jede Bereitschaft sich ernsthaft mit diesem Thema zu befassen, obwohl es um nichts weniger als um die Anwendbarkeit eines politischen Rechts der Bürger*innen gegangen ist, das von einer großen Mehrheit der Bürger*innen in Südtirol dem Wahlrecht gleichwertig empfunden wird (siehe ASTAT-Umfrage 22/2022). Obwohl die Mitbestimmungsrechte ein vom Autonomiestatut (Art. 47) den Bürger*innen zugeschriebenes fundamentales politisches Recht sind, warten sie seit 23 Jahren (!) darauf, ausgeübt werden zu können. Die jetzt vorgelegten Vorschläge, dieses Recht endlich anwendbar zu machen, waren von Verfassungsrechtlern positiv begutachtet worden.
Schlichtweg ignoriert wird weiterhin auch die Tatsache, dass die UNO-Menschenrechtskommission Italien wegen derselben Behinderungen in der Ausübung des verfassungsrechtlich verankerten Referendumsrechts, die mit den zwei Gesetzentwürfen im geltenden Landesgesetz beseitigt werden sollten, verurteilt und zu ihrer Beseitigung aufgefordert hat. Missachtet wird hier die von der höchsten Instanz und Autorität zur Sicherung der Menschenrechte verordnete Verpflichtung.
Am schwersten wiegt aber die völlig bedenkenlose Missachtung der im Hinblick auf die letzten Landtagswahlen unterschriebenen Verpflichtung gegenüber den Bürger*innen durch die Präsidentin des Gesetzgebungsausschusses, Anna Scarafoni von den Fratelli d’Italia. Diese haben sich im Juni 2023 zusammen mit sechs weiteren Parteien verpflichtet, die Änderungsvorschläge zum Landesgesetz zur Direkten Demokratie im Landtag zu beschließen. Damit hat ein eklatanter Vertrauensbruch stattgefunden, der dieser Regierungspartei mit ihrem Anspruch auf Verlässlichkeit jede Glaubwürdigkeit nimmt. Das umso mehr, als Parteikollege und Vizelandeshauptmann Marco Galateo mehrmals den Bündnispartnern versichert hat, dass FdI Wort halten werden. Gleiches gilt auch für die Exponentin Frau Holzeisen der Liste VITA, die auch vor den Wahlen ihre Unterstützung öffentlich zugesagt und diese noch vier Tage vor der Behandlung im Landtag wiederholt hat.
Der Überdruss an der Politik und das Misstrauen gegenüber den politischen Vertretern wird damit weiter verstärkt.
Dass es sich hier um einen Kniefall vor der SVP handelt, die seit je her, die Mitbestimmungsrechte der Bürger*innen sabotiert, ist evident. Deren zwei Exponenten im Gesetzgebungsausschuss wohnten diesem miesen Spiel bei, ohne den Mund öffnen zu müssen.
Die Initiative für mehr Demokratie wird es sicher nicht dabei bewenden lassen. Der Wortbruch und die Boykotthaltung werden bis zu den nächsten Landtagswahlen in Erinnerung gehalten werden.