I. Die Situation
Mit dem Landesgesetz Nr. 22 hat 2018 eine breite Mehrheit im Landtag das Gesetz
von 2005 zur Direkten Demokratie ersetzt. Das Gesetz ist auf der Grundlage eines
partizipativen und parteiübergreifenden Prozesses zustande gekommen, nachdem
offensichtlich geworden war, dass das Gesetz von 2005 unvollständig und die
Instrumente nicht wirklich anwendbar waren.
Die Mängel des neuen LG 22/2018 waren von Anfang an klar. Mit der Annahme der
Abänderungsanträge der Opposition hätten diese bereits während der Behandlung im
Landtag behoben werden können. Die Landtagsmehrheit hat alle Anträge abgelehnt.
Trotz dieser Mängel und trotz seiner Unvollständigkeit, die bei seiner Verabschiedung
noch vergrößert wurden, versprach das neue Gesetz endlich die Anwendbarkeit der
direktdemokratischen Instrumente.
Alle Anwendungsversuche zeigen aber das Gegenteil:
- Drei Anträge auf Volksinitiativen wurden abgelehnt (einer ohne jegliche
Begründung und die beiden anderen mit Auslegungen von Gerichtsurteilen zu
nicht vergleichbaren Fällen). - Selbst zwei nur beratende Volksbefragungen wurden nicht zugelassen
(begründet mit einem Gerichtsurteil zu einem völlig anders gelagerten Fall). - Sogar zwei Volksbegehren kamen aufgrund neuer und bestehender restriktiver
Regelungen der Unterschriftensammlung nicht zustande. - Ebenso nicht genutzt werden konnten die im Gesetz vorgesehenen ausgelosten
Bürgerräte, deren Einsetzung mehrfach verlangt worden ist.
Die Ablehnungen machen deutlich, dass die Zuständigkeiten und der
Entscheidungsspielraum der Kommission klar definiert werden müssen.
Eine Klärung der Rechtmäßigkeit dieser Ablehnungen ist nicht wirklich möglich,
weil das Rekursrecht gegen die Entscheide der Kommission kostenbedingt nicht
ausgeübt werden kann. Das Risiko, zur Bezahlung fünfstelliger Gerichtskosten der
Gegenseite verurteilt zu werden, obwohl es sich um die Klärung von Fragen im
allgemeinen Interesse handelt, ist zu groß. Problematisch für das Rekursrecht ist auch,
dass eines der Mitglieder der Kommission aus den Reihen der Richterschaft des
Gerichts kommt, an das der Rekurs zu richten ist.
Die vom Autonomiestatut vorgesehenen Mitbestimmungsrechte – ausgenommen
das Referendumsrecht in Bezug auf die Regierungsformgesetze, das nach den
Vorgaben des Autonomiestatutes mit eigenem Landesgesetz (10/2002) besser geregelt
ist –, bleiben somit den BürgerInnen in unserem Land vorenthalten. Dies, obwohl
rund drei Viertel der Bevölkerung zwischen 18 und 80 Jahren Volksabstimmungen
gleiche oder mehr Wichtigkeit (ASTAT-info 74, Dez. 2022) beimessen als den
Wahlen.
Die übergroße Mehrheit der Bevölkerung ist folglich in einer der wichtigsten Fragen, die
über tausend andere Fragen entscheidet – die Mitbestimmung der BürgerInnen –, von
der regierenden Mehrheit im Land nicht vertreten.
II. Demokratie ist die Grundlage