Demokratie wächst in den Gemeinden
Demokratie hat ihren Ursprung in kleinen Gemeinwesen. Menschen versuchten mit Hilfe der Methode Demokratie ihr Miteinander gemeinschaftlich zu regeln. Die den Bürgern am nächsten liegende politische Ebene ist die Gemeinde.
In allen Gemeinden gilt es Demokratie kennen und nutzen zu lernen. In den Gemeinden ergeben sich konkrete Sachfragen, bei welchen Bürgerbeteiligung ohne weiteres möglich ist.
Doch Demokratie und im Besonderen Direkte Demokratie gedeihen erst richtig, wenn es gelingt, ein Umfeld zu schaffen, in welchem Diskussion und Beteiligung generell erwünscht sind. Andererseits zwingen gut geregelte direktdemokratische Instrumente zu Diskussion und Darlegung von Für und Wider. Damit Diskussion und Beteiligung auch möglich werden, braucht es Transparenz und Bereitstellung der Information. Direkte Demokratie beginnt schon lange vor der Volksabstimmung: erst, wenn die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig in den verschiedenen Phasen der Entscheidungsfindung, angefangen bei Bürgerversammlungen bis hin zu Befragungen und der Teilnahme in Arbeitsgruppen mit einbezogen werden, kann wirklich von Bürgerbeteiligung gesprochen werden.
Direkte Demokratie gibt allen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, bei für sie relevanten Sachfragen ihrer Gemeinde mitzubestimmen. Und dies unabhängig davon, ob sie sonst politisch aktiv sind, z.B. in Form einer Parteimitgliedschaft.
Sachlage in Südtirols Gemeinden
Glücklicherweise haben unsere Gemeinden im Bereich der Direkten Demokratie einen recht großen Spielraum. Ob dieser genutzt wird oder nicht, hängt von den einzelnen Gemeinden ab und zukünftig vielleicht auch davon, ob wir von der Initiative für mehr Demokratie es schaffen, in den Gemeinden Unterstützer für unsere Anliegen zu mobilisieren – seien es Gemeinderäte oder auch Bürgergruppen, welche sich dieses Thema auf ihre Fahnen schreiben. Zum Thema Demokratie und Bürgerbeteiligung müssen die Bürger in den Gemeinden kompetent gemacht werden. In den Gemeinden kann das demokratische Denken und Handeln an gespürten Themen entwickelt und auf diese Weise dann auch auf Landesebene fruchtbar werden.
Die regionale Gemeindeordnung (D.P.Reg. Nr. 3/L von 2005) regelt den Bereich der kommunalen Volksabstimmungen nur sehr allgemein, was durchaus als Vorteil gesehen werden kann. Zu nennen sind hier im Besonderen:
- Art. 75 Abs. 3: „Die Bürgerbefragungen und Referenden müssen Angelegenheiten betreffen, die in die örtliche Zuständigkeit fallen und dürfen nicht zeitlich mit anderen Abstimmungen zusammenfallen. Auf jeden Fall können Fragen, die Sprachgruppen betreffen, nicht Gegenstand von Volksbefragungen sein.“
- Artikel 77 betont, dass Volksabstimmungen nur zu Zuständigkeiten der Gemeinde möglich sind, dass von den Gemeinden nicht mehr als maximal 10 Prozent an Unterstützungsunterschriften verlangt werden dürfen, dass auch bereits Sechzehnjährige zur Abstimmung zugelassen werden können.
Die genannten Vorgaben lassen den Gemeinden also genügend Spielraum, in ihren Satzungen eine bürgerfreundlich geregelte Direkte Demokratie vorzusehen. Einziger großer Wermutstropfen ist eine Bestimmung in Art. 77 Abs. 3, welche die amtliche Beglaubigung der Unterschriften vorschreibt und damit eine freie Unterschriftensammlung ausschließt.
Dass die Gemeinden einen großen Spielraum haben, zeigt sich allein schon an der Tatsache, dass das heiße Eisen namens Quorum sehr unterschiedlich geregelt ist und je nach Gemeinde von Null bis Fünfzig Prozent reicht.
In der Regeln haben sich die Gemeinden bei der Erstellung ihre Satzung an die Mustersatzung des Gemeindenverbandes gehalten und diese jeweils nur geringfügig abgeändert.
In einigen Gemeinden wurden bereits Arbeitsgruppen eingesetzt und es wird über die Anpassung der Satzungen diskutiert. Es stellt sich nun die Frage, wie Bürgerinnen und Bürger unterstützt werden können, um Vorschläge zur Verbesserung der Direkten Demokratie einzubringen und was die Initiative für mehr Demokratie zur Entwicklung der Direkten Demokratie in den Gemeinden beitragen kann.
In der Ausgestaltung der Regelungen zur Direkten Demokratie gibt es also viel Spielraum. Es ist also wichtig, dass es Bürgerinnen und Bürger gibt, die wissen, wie Bürgerbeteiligung in den Gemeinden geregelt sein kann und die auch die Möglichkeit bekommen, Vorschläge einzubringen. Welche Gemeindepolitiker werden bereit sein, für ihre Gemeinde bahnbrechende, bürgerfreundliche und anwendungsfreundliche Instrumente zur Direkten Demokratie zu beschließen, damit die Gemeinde auch zu diesem Thema vorbildhaft dastehen kann? Eine gut geregelte direkte Demokratie soll schließlich dazu dienen, dass bürgerschaftliches Engagement nicht vergebens ist und nicht zu Frust und Abwendung führt.
Arbeitsgruppe Vinschgau „Demokratie in den Gemeinden“
Ein Beispiel für konkret gelebte Direkte Demokratie in der Gemeinde (aus: Zeit-Fragen Nr. 34, 23. August 2010)
Sicht und Wunsch eines aufgeklärten Bürgermeisters (aus: Gemeindeblatt Kurtatsch Dezember 2012)