Das Scheitern der Volksbegehren bestätigt deren Richtigkeit und Notwendigkeit!
Innerhalb 20. Oktober hätten die Promotoren der zwei Volksbegehren die Unterstützungsunterschriften der Bürgerinnen und Bürger im Landtag zur gültigen Einreichung der Volksbegehren abgeben müssen. Mit den Volksbegehren wollten die Promotoren dem Landtag Vorschläge vorlegen für eine einfacher und besser anwendbare Direkte Demokratie und für das Recht, die demokratischen Regeln auch mit Volksabstimmungen neu gestalten zu können. Zum ersten Mal in 28 Jahren ist es nicht gelungen, die geforderten Unterschriften für ein Volksbegehren für mehr Demokratie zu sammeln. Diese Initiative war mit allen Schwierigkeiten konfrontiert, deren Beseitigung mit den Volksbegehren angestrebt worden ist. Die Promotoren waren sich der Schwierigkeiten bewusst, aber doch guten Mutes, es trotzdem zu schaffen.
Die Gründe dafür, dass es nicht gelungen ist, die geforderten Unterschriften zu sammeln sind vielfältig.
1.) Der Zeitpunkt, den sich die Promotoren nicht aussuchen konnten
Gerade war das Referendum zur Rettung des Referendums gewonnen worden. Mit großer Beanspruchung all derer, die innerhalb von einem Monat 16.500 Unterschriften dafür gesammelt haben. In dieser Legislatur sollte sich der Landtag aber auch noch mit der Beseitigung aller Mängel befassen, die in den letzten vier Jahren die Nutzung direktdemokratischer und partizipativer Instrumente unmöglich gemacht haben. Zur Behebung der rein technischen Mängel des Gesetzes lag im Landtag ein Gesetzentwurf der Grünen zur Behandlung auf. Es war in diesem Zusammenhang naheliegend, die zwei Volksbegehren zu starten, wenngleich das nur wieder im Sommer geschehen konnte. Dafür haben sich viele überfordert gefühlt. Nach der Einreichung des Antrages sind dann auch noch die vorgezogenen Parlamentswahlen dazwischen gekommen. Sie haben die Parteien, die bereit waren, die Volksbegehren zu unterstützen, arbeitsmäßig gebunden. Mit dem Krieg in Europa, der Energiekrise und der steigenden Inflation waren viele Menschen auf unmittelbare Probleme konzentriert und der schon lange andauernde Prozess der Enttäuschung politischer Erwartungen wurde wohl innerhalb kurzer Zeit weiter beschleunigt. Das hat sich auch bei den Wahlen ausgewirkt.
2.) Alle praktischen Schwierigkeiten der Unterstützung, zu deren Beseitigung die Volksbegehren gestartet worden sind, haben negative Vorzeichen gesetzt
Dazu zählen vor allem der Zwang, in der eigenen Gemeinde unterschreiben zu müssen. Dieser hat für das Referendum mit einer anderen Gesetzesgrundlage z.B. nicht gegolten. Für viele Menschen, die nicht in der eigenen Gemeinde arbeiten, ein Aufwand der sehr ins Gewicht fällt. Politisch gewollt war der stark verkleinerte Kreis von zur Beglaubigung der Unterschriften Berechtigten. Mit diesem konnte eine intensive Sammlung auf der Straße nicht stattfinden. Zu den Erschwerungen kommt z.B. auch das Verbot hinzu, nicht mehr auf Märkten Unterschriften sammeln zu dürfen.
3.) Ob ganz bewusster Boykott durch die maßgeblichen Medien oder diffuse Interesselosigkeit, Tatsache ist, dass in den traditionellen Medien so gut wie überhaupt nicht über die Volksbegehren berichtet worden ist.
Eine anständige Berichterstattung und eine öffentliche Gegenüberstellung der Positionen, wie sie zum Referendum über das Referendum möglich war, hätte die Situation grundlegend geändert. Unabhängig davon werden dennoch viele tausende Bürger*innen von den Volksbegehren erfahren haben. Es wird auch am flüchtigen Gebrauch der Online-Medien liegen, dass die in diesem Fall zwangsläufig umfangreichere Information zum Gegenstand der Volksbegehren auf einer eigenen Webseite zu wenig genutzt worden ist und zu vielen Bürger*innen nicht wirklich klar war, um was es geht.
4.) 8.000 beglaubigte Unterschriften für ein Volksbegehren, das nicht mehr als eine Massenpetition ist?
Die Unterschriftensammlung ist an den geforderten 8.000 Unterschriften gescheitert, nicht aber an einer vernünftig begründbaren Hürde.
Das Regionalgesetz sieht für regionale Volksbegehren, die nur eine Provinz betreffen, 2.000 (!) Unterschriften vor, nicht das Vierfache, wie das Landesgesetz 22/2018. Die 8.000 für ein Volksbegehren sind absurderweise gleich viele Unterschriften, wie sie vom Art. 47 des Autonomiestatuts vorgesehen sind, um das bestätigende Referendum über Satzungsgesetze zu erwirken (jenes Referendum, das gerade genutzt worden ist, um das Referendum über einfache Landesgesetze zu retten). 8.000 Unterschriften waren ursprünglich auch im Entwurf zum Gesetz 22/2018 für die gesetzeseinführende Volksinitiative vorgesehen gewesen (die im Plenum auf 13.000 angehoben wurden). Nur: das Volksbegehren ist nichts anderes als eine Massenpetition, mit der man einzig die Behandlung eines Gesetzentwurfes mit vorgeschriebenen Zeiten im Landtag erwirken kann. Mit dem bestätigenden Referendum können die Stimmberechtigten hingegen (ohne Quorum!) entscheiden, ob ein von der Landtagsmehrheit mit absoluter Mehrheit beschlossenes Gesetz zur Änderung von einem der wichtigsten Landesgesetze (zur Regelung der Demokratie) in Kraft treten soll. Ein großer Unterschied zwischen Volksbegehren und Referendum, und trotzdem sollen für beide gleich viel Unterschriften nötig sein? Wie ist diese Unverhältnismäßigkeit zu erklären?
Dazu sollte man die Begründung der Landtagsabgeordneten Magdalena Amhof kennen, die federführend verantwortlich ist für das LG 22/2018, und die sie, im Partizipationsprozess zu diesem Gesetz 2016 auf diese Ungereimtheit angesprochen, so begründet: "Weil wir das Gesetz für die Bürger*innen möglichst einfach halten wollten, also ohne große Differenzierungen."
Somit ist die alles entscheidende Frage nach dem Ausgang dieser Volksbegehren die nach der Qualität der Arbeit der herrschenden Landtagsmehrheit. Für die einen präsentiert sie sich als unglaubliche Pfuscherei, für die anderen als schlaue Verhinderung, die möglichst unmerklich geschehen muss. Über diese Art von politischer Arbeit können wir zum Glück in weniger als einem Jahr entscheiden!
Die Promotoren rufen die Bürgerinnen und Bürger auf, wachsam zu sein. Demokratie ist auch bei uns keine Selbstverständlichkeit. Sie wird nicht handstreichartig demontiert, wenngleich der Versuch, das Referendum abzuschaffen, nahe daran war. Es genügt, sie mit vielen kleinen, öffentlich schwer wahrnehmbaren Aktionen in wesentlichen Teilen nicht mehr funktionieren zu lassen oder einfach auch unter geänderten Bedingungen nicht die notwendigen Anpassungen, wie z.B. die Online-Unterschriftensammlung, vorzunehmen.
Mit ihrer Verhinderungsstrategie zwingt die herrschende Landtagsmehrheit die Initiative für mehr Demokratie, jetzt den parlamentarischen Weg zu gehen, um Direkte Demokratie endlich gut anwendbar zu machen. Eine Mehrheit dafür im Landtag, der im Oktober 2023 neu gewählt wird, ist das Ziel.
Allemal geht die Initiative für mehr Demokratie den Weg zu einer Bürgerdemokratie weiter.