In diesen Tagen entscheidet der Landtag über den Gesetzentwurf von SVP und PD zur Einrichtung eines sogenannten „Südtirol-Konvents“, der die Aufgabe hat - innerhalb eines Jahres und in sehr beschränktem Aumaß mit Bürgerbeteiligung - einen Reformvorschlag zum Autonomiestatut zu schreiben.
Es ist sinnvoll daran zu erinnern, dass die Initiative für mehr Demokratie vor zwei Jahren die Idee einer landesverfassungsgebenden Versammlung (Konvent) öffentlich vorgestellt hat und dass seitdem dieser Begriff in der politischen Landschaft herumgeistert. Seine Konkretisierung jetzt hat allerdings nichts mit der ursprünglichen Idee zu tun, sie wurde vollkommen in den Dienst der herrschenden Verhältnisse und Interessen gestellt.
Ursprünglich war an eine verfassungsgebende Versammlung gedacht, die von den wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern des Landes nominiert (ernannt, nicht gewählt) wird, ohne Berücksichtigung von Mandataren. Diese Versammlung sollte die Aufgabe haben,
mit so intensiv als möglich praktizierter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger und mit Experten eine Landesverfassung zu erarbeiten. Sie sollte, unabhängig vom herrschenden institutionellen Rahmen, den Anlass bieten zu einer Auseinandersetzung der Menschen mit der Frage, welche Grundlagen, Werte, Absichten gelten sollen für die Regeln des Zusammenlebens. Das Ergebnis sollte der erarbeitete Wille der Bevölkerung zu einem gemeinsamen Fundament sein, von dem die Menschen wollen, dass darauf ihre gemeinschaftliche Ordnung zum Wohle aller augefbaut wird. Das Entscheidende sollte der kollektive Denkprozess sein, der stattfinden muss, um ein solches Fundament zu schaffen. Entscheidend deshalb, weil es in der Bevölkerung ein Bewusstsein schafft von diesem Fundament und weil die Menschen wissen, dass sie dieses Fundament selbst geschaffen haben. Mit einer solchen Landesverfassung sollten die Bürgerinnen und Bürger ihre Zuständigkeit festlegen können, das politische System, in dem sie leben wollen, selbst zu bestimmen, darin ein Maximum an Souveränität und damit eine Vervollständigung der Demokratie verwirklichen. Sie wäre auch die Grundlage für jede Bestrebung Südtirols in Richtung territorialer Souveränität.
Worüber jetzt im Landtag entschieden wird, ist etwas ganz anderes und von zweifelhafter Bedeutung. Der "Konvent" wird im Wesentlichen von der Landtagsmehrheit bestellt, die auch den Rahmen vorgibt dafür, über was gesprochen werden darf. Das Ziel ist die Reform des Autonomiestatutes, für die der verfassungsrechtliche Rahmen vorgegeben ist und keine grundsätzliche Verständigung über die gesellschaftlichen Grundlagen zulässt. Dieser "Konvent" ist nicht viel mehr als ein Beirat. Das Ergebnis wird dem Landtag vorgelegt, dem es freisteht daraus auszuwählen, was und wie etwas in ein eigenes Gesetz einfließen soll. Dieses kann dann, wie im Falle des neuen Statuts von Friaul von 2004 auch 10 Jahre lang im Parlament liegen bleiben, um dann versenkt zu werden.
Die Initiative für mehr Demokratie ist sich bewusst, dass den lokalen Institutionen kein Spielraum gegeben ist für einen Prozess der neuen institutionellen Grundlegung unseres Landes, ohne in Kontrast zu geraten mit dem rechtlichen Rahmen, deren Teil sie sind. Somit wird die wirkliche Erneuerung weiterhin von den Bürgerinnen und Bürgern selbst ausgehen müssen. Sie sind es, die ihre Institutionen entweder an sich verändernde Verständnisse und an neue Gegebenheiten anpassen oder, an den veralteten vorbei, neue aufbauen können müssen.