Anmerkung zu Frage 1
„Die politische Vertretung auswählen zu können, ist ein demokratisches Grundrecht. Die Regeln, nach denen das geschieht, entscheiden auch über die Qualität der politischen Vertretung. Finden Sie es richtig, dass die Regeln zur Ausübung dieses Grundrechtes auch mit einer Volksabstimmung über einen Vorschlag der vom Volk kommt, festgelegt werden können?“
In der Demokratie ist das Volk der Souverän, es übt das Volk die politische Macht aus und geht diese von ihm aus. Dies geschieht im wesentlichen in Wahlen und Abstimmungen. So steht es in den Verfassungen der westlichen Demokratien. Die Art und Weise, wie es in Wahlen und Abstimmungen diese Macht ausübt, wird allerdings meistens von seinen politischen Vertretern festgelegt, die nach Regeln gewählt werden, die wiederum sie selbst festlegen. Es sieht so aus, als wäre das der wunde Punkt des demokratischen Systems, denn die eigentliche politische Macht hat, wer die Regeln, das Funktionieren des Systems bestimmt. Es gibt Beispiele dafür, wie mit diesen Regeln und der Art, wie sie festgelegt worden sind, dem Volk die Ausübung der politischen Macht vorenthalten wird - die ihm in einigen Fälle in der Verfassung effektiv zugedacht worden ist - und wie sich damit wenige die Macht vorbehalten.
Es ist naheliegend, dass auch Menschen nach Machtpositionen streben, für die die Ausübung von Macht ein psychisches Bedürfnis ist. Politische Macht soll aber nicht jemandem erteilt werden, der damit vor allem ein persönliches Bedürfnis befriedigt. Die Übertragung von politischer Macht besteht im Auftrag, Entscheidungen zu treffen, die dem Gemeinwohl dienen. Folglich darf politische Macht nicht so gestaltet sein, dass sie erstere anlockt (z.B. mit Privilegien) und nicht so ausgeübt werden können, dass sie in den Händen weniger konzentriert ist. Ganz naheliegende Möglichkeiten dies zu erreichen sind z.B. eine Mandatsbegrenzung, das Vermeiden von Privilegien, gut ausgestaltete Direkte Demokratie zur Teilung der Macht, direktere Verpflichtung den WählerInnen gegenüber und weniger gegenüber der Partei u.a.m..
Sich solche Regeln von der politischen Vertretung zu erwarten, erscheint erfahrungsgemäß illusorisch. Schon aus diesem praktischen Grund, aber auch um grundsätzlich einen Systemfehler zu vermeiden, ist es wichtig, dass die politischen Grundrechte, wie das Wählen und das Abstimmen auch auf Initiative des Volkes zustande kommen können. Das Kontrollrecht mit dem bestätigenden Referendum über diese Grundrechte auszuüben ist für die Bürgerinnen und Bürger schon im Autonomiestatut verankert. Das Initiativrecht dazu ist hingegen eine Interpretationsfrage, die im Zuge der Autonomiereform zu klären ist.