Die Spielregeln der repräsentativen Demokratie aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger
Endlich listenübergreifendes Wählen, freie Kandidatennominierung (Vorwahlen) und Privilegienreduzierung in Diskussion einbeziehen! Personelle Trennung von Landtag und Landesregierung genügt nicht für Demokratisierung und Versachlichung der Politik!
Der Vorstand der Initiative für mehr Demokratie unterstreicht die Notwendigkeit, die Wahlrechtsreform so zu nutzen, dass in erster Linie den Bürgerinnen und Bürgern in allen Phasen der repräsentativen Ausübung der Volkssouveränität eine möglichst freie Wahlmöglichkeit gegeben wird: bei der Kandidatennominierung, im Wahlgang selbst und letztlich in der Phase der Mandatsausübung:
- Vorwahlen
Sie sollen es allen Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, sich direkt an der Kandidatenaufstellung zu beteiligen. Eine solche Möglichkeit gibt es schon in anderen Regionen Italiens und ist im Hinblick auf die letzten Parlamentswahlen vom Mitte-Links-Bündnis erfolgreich praktiziert worden
- listenübergreifende Kandidatenwahl
Der/die Wähler/in soll KandidatenInnen verschiedener wahlwerbenden Listen seine Vorzugsstimmen geben können. Diese Form der Wahl wird u. a. schon lange in Deutschland praktiziert und dort auch immer weiter ausgebaut.
- freie Mandatsausübung
Im Wahlgesetz muss das in der Verfassung verankerte Recht auf freie Mandatsausübung, gegen die stillschweigende Praxis des Fraktionszwanges, noch einmal ganz klar festgeschrieben sein. Die Gewählten sollen nicht gezwungen werden können sich Parteizwängen und Lobbyinteressen zu unterwerfen und gegen ihr Wissen und Gewissen zu handeln. Jeder Gewählte soll jährlich seine Tätigkeit in einem eigenen Bericht offen legen
- Gewaltenteilung
Die Initiative für mehr Demokratie begrüßt den Vorschlag von Walter Baumgartner, im Zuge der Wahlrechtsreform eine personelle Trennung von Landtag und Landesregierung vorzusehen. Die Anwendung des Prinzips der Gewaltenteilung ist in Südtirol überfällig. Der Landtag hat bis heute nur rein formal gesetzgeberische Funktion und seine effektive Aufgabe ist bislang das Absegnen von Vorlagen der Landesregierung. Der eigentliche Gesetzgeber in Südtirol ist die Landesregierung, auf die alle bisher erlassenen Gesetze zurückgehen.
- Leitung der Exekutive
Das bestehende Wahlsystem mit den Vorzugsstimmen ermöglich völlig ausreichend festzustellen, welches die diesbezüglichen Präferenzen der WählerInnen sind. Die Leitung der Exekutive soll wesentlich vom Vertrauen der Legislative abhängig sein.
- Keine Mehrkosten für die Steuerzahler
Eine wichtige Rolle für eine zufriedenstellende Auswahl und das Funktionieren der politischen Vertretung spielen die damit verbundenen finanziellen Aufwendungen. Mehrkosten, die automatisch mit der personellen Trennung von Landtag und Landesregierung verbunden wären, müsste mit einer Kürzung der Gehälter begegnet werden. Damit und mit dem Abbau weiterer Privilegien der Abgeordneten, wäre eine Aufwertung des Landtages verbunden. Nicht Geld, Macht und Prestige sollen Anziehungskraft auf mögliche Kandidaten zu Landtagswahlen ausüben, sondern die Möglichkeit, für die Gesellschaft wertvolle Ziele zu verfolgen. Wahlkampfkosten sollen sowohl von den Parteien, als auch von den Kandidaten offengelegt werden müssen und sollen eine Höchstgrenze, die vom Landtag festzulegen ist, nicht überschreiten, damit für alle gleiche Bedingungen gelten.
Nur mit diesen Reformelementen wäre wirklich eine freiere Wahl und vor allem auch eine stärkere Verpflichtung der Gewählten den Wählerinnen und Wählern gegenüber verbunden.
für den Vorstand der Initiative für mehr Demokratie
Stephan Lausch
(Koordinator der Initiative)