Was ist der ausgeloste, repräsentative Bürgerrat?
Es ist ein Rat, in dem sich Bürger und Bürgerinnen beraten. Es sind nicht von irgend jemandem gewählte Bürger, sondern solche, die unter allen Wahlberechtigten ausgelost worden sind und die den Auftrag annehmen, ein Thema, eine Frage gemeinsam intensiv zu behandeln, um dazu der Gesellschaft eine Entscheidungsgrundlage vorlegen zu können. Der Bürgerrat ist repräsentativ, weil die ausgelosten Bürgerinnen und Bürger nicht nur durch das Los bestimmt werden, sondern der Rat in der Losreihung so zusammengesetzt ist, dass er das Verhältnis in der Gesellschaft der Geschlechter, von vier Altersgruppen ab 16 Jahren, der drei Sprachgruppen, der unterschiedlichen Bildungsgrade, unterschiedlicher Einkommen und des Wohnsitzes am Land bzw. in der Stadt widerspiegelt. Damit soll die große Verschiedenheit der Menschen in der Gesellschaft im Rat gegenwärtig und mit der Aufgabe konfrontiert sein, trotz und gerade auch mit dieser Verschiedenheit einen Konsens in der Beantwortung der gestellten Aufgabe zu finden.
- Der Bürgerrat besteht aus so vielen Mitgliedern, dass diese Verschiedenheit zur Geltung und zum Tragen kommt. Im Vorschlag sind 60 vorgesehen.
- Der Bürgerrat wird zum Thema eingehend und pluralistisch informiert, sowohl durch Fachleute, als auch von Interessengruppen aus der Gesellschaft.
- Der Bürgerrat hat ausreichend Zeit die Materie so weit zu vertiefen, dass er sich in der Lage sieht, eine für die Gesellschaft wertvolle Empfehlung aussprechen zu können. Im Vorschlag sind mindestens vier Monate vorgesehen.
- Der Bürgerrat ist vollkommen autonom, indem er sich mit einem unabhängigen Sekretariat selbst verwaltet.
- Der Bürgerrat kann von 300 Bürgerinnen und Bürgern, vom Landtag und von der Landesregierung einberufen werden. Das Ergebnis der Beratung des Bürgerrates wird öffentlich bekannt gemacht und muss, wenn es konkrete Vorschläge an den Landtag und/oder die Landesregierung enthält, von diesen verbindlich behandelt werden.
Aufgrund der absoluten Dringlichkeit ist mit dem Vorschlag verpflichtend die Einberufung eines ersten Bürgerrates zur Klimakrise vorgesehen.
Weshalb diese neue Institution des Bürgerrates?
Genügt nicht, dass wir ein Parlament haben? Was unterscheidet ihn vom Parlament?
- Vor allem unterscheidet ihn, dass niemand in ihm Gruppen- oder parteiliche Interessen vertritt, dass niemand von seinen Mitgliedern, aus welchem Interesse auch immer, bestrebt war, Teil des Bürgerrates zu sein, sondern dass das Los auf einen Menschen gefallen ist, der die ihm zufällig zugefallene Aufgabe angenommen hat, ohne irgendein persönliches Interesse damit verbinden zu können. Kaum etwas anderes wird der Grund für die Entscheidung zur Teilnahme sein, als die Neugier, an einer solchen Aufgabe beteiligt sein zu können und die Verantwortung tragen zu wollen, zusammen mit anderen, denen diese Aufgabe zugefallen ist, für die Gemeinschaft wichtige Antworten aufzuzeigen.
- Zwischen diesen Menschen gibt es keinen Konkurrenzkampf, nicht das Bestreben sich durchzusetzen, sondern den gemeinsamen Wunsch, eine Antwort zu finden, in der sich möglichst alle an der Suche Beteiligten wiederfinden können, indem ein Konsens gesucht wird. Die Erfahrungen mit Bürgerräten auf der ganzen Welt zeigen, dass Antworten gefunden werden, die breite Zustimmung in der Gesellschaft finden.
- Die Mitglieder des Bürgerrates können sich intensiv mit einem einzigen Thema befassen. Sie werden es so weit vertiefen, bis sie den Eindruck haben, alle relevanten Aspekte ausgeleuchtet zu haben und daraus eine Schlussfolgerung zu ziehen oder die Notwendigkeit eines bestimmten Handelns ableiten zu können.
- Die Vertiefung findet statt, nicht aufgrund vorgefertigter Positionen oder schon vorhandenen Wissens, sondern anhand einer diversifizierten, pluralistischen Information durch Fachleute und Exponenten der Zivilgesellschaft, die sich mit dem Thema befassen und im intensiven Dialog zwischen den Mitgliedern des Bürgerrates.
- Der Bürgerrat ist unvergleichlich repräsentativer als ein Parlament. In letzterem sitzen überwiegend Akademiker aus gehobenen Gesellschaftsschichten und männlichen Geschlechts. Im Bürgerrat sind Menschen aller Gesellschaftsgruppen (Geschlecht, Alter, Sprachgruppen, Bildung, Einkommen, Stadt/Land) im Verhältnis zur gesellschaftlichen Realität vertreten.
Der Bürgerrat ist auf diese Weise ein Bindeglied zwischen der politischen Vertretung und der Zivilgesellschaft, eine Schnittstelle, an der sichtbar wird, was gesellschaftlich möglich ist, wenn Menschen sich in einer dialogbestimmten Auseinandersetzung vorbehaltlos und sich auf der Grundlage aller vorhandenen Kenntnisse mit einer Frage intensiv befassen.
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DOKUMENTE
- Was wäre, wenn Demokratie gelost würde? Eine anschauliche Darstellung was geloste Bürgerräte sind und wie sie funktionieren
- Bürgerrat zur drohenden Klimakatastrophe - Der Weg zum notwendigen Wandel - Der Green New Deel Europe
- "Warum und wie Bürgerräte mit Losverfahren funktionieren" eine Broschüre von Mehr Demokratie e. V.
Rekurs gegen Unzulässigkeitserklärung zue Volksinitiative zur Einführung des ausgelosten und repräsentativen großen Landesbürgerrates beim Landesgericht (27.11.2020)
- Rekurs in Form einer Bürgerklage eingereicht beim Landesgericht Bozen am 27. November 2020 mit der Registrierungsnummer des Verfahrens 4061
- Dokumente in der Anlage des Rekurses:
- Zulässigkeitserklärung der Kommission in Aosta 2007
- Zulässigkeitserklärung der Kommission in Südtirol 2005
- Zulässigkeitserklärung der Kommission in Südtirol 2007
- Unzulässigkeitserklärung der Kommission zur "Unterstützungsinitiative" und der "Bürgerratsinitiative" vom 20. Oktober 2020
- Werbeflyer zu bestätigenden Referendum 9.2.2014 gegen SVP-Gesetz zur Partizipation - Beleg für Ablehnung auch wegen explizitem Ausschluss der Regierungsformgesetze von Volksabstimmungen
- Gutachten prof. Mangiameli e prof. Louvin zur Verfassungsmäßigkeit der Anträge auf Volksabstimmung betreffend einen Gesetzentwurf zur Regierungsform auf der Grundlage von Art. 47 des Autonomiestatutes
- Considerazioni di costituzionalisti italiani sul nostro ricorso - azione popolare al Tribunale di Bolzano contro la decisione della commissione per i procedimenti referendari di non ammissibilità delle due richieste referendarie presentate il 14 settembre 2020 per la raccolta firme agevolata e per l'introduzione del Gran Consiglio dei cittadini estratti a sorte.