Selbst Direkte Demokratie funktioniert für die SVP von oben nach unten
SVP-Obmann Theiner kündigt an, das Volk sowohl über das neue Wahlgesetz als auch über das Gesetz zur Bürgerbeteiligung abstimmen zu lassen. Dabei wird einmal mehr deutlich, was für ein verqueres Verständnis die SVP-Spitze von Direkter Demokratie hat: Selbst Direkte Demokratie funktioniert für sie von oben nach unten.
Jetzt, in der Stunde ihres größten Vertrauensverlustes gewährt sie gnädig von oben dem Volke die Möglichkeit, über zwei Gesetze abstimmen zu dürfen. Sie verweigert aber in ihrem Gesetz zur Bürgerbeteiligung (über das eben sie abstimmen lassen will) den Bürgern wirksame und bürgerfreundliche Kontroll- und Initiativrechte von unten. Damit versucht sie eine doppelte Täuschung:
dazustehen als große Verfechterin der Direkten Demokratie und gleichzeitig zu versuchen, sich von den Bürgerinnen und Bürgern selber die Verweigerung realer direktdemokratischer Rechte und freier Wahlrechte genehmigen zu lassen.
Glücklicherweise brauchen die Südtiroler WählerInnen und Wähler nicht die Genehmigung der SVP, um über die Gesetzentwürfe, mit denen die Demokratie im Land neu geregelt werden soll, abzustimmen zu können. Sie haben im Jahr 2001 vom römischen Parlament das sog. bestätigende Referendum über diese Grundgesetze ins Autonomiestatut geschrieben bekommen. Deshalb können sie – auch ohne Erlaubnis ihrer politischen Vertreter - ihr Kontrollrecht über diese beiden Gesetze ausüben. Sie können entscheiden, ob ein vom Landtag verabschiedetes Wahlgesetz oder Gesetz zur Direkten Demokratie in Kraft treten soll. Genau dieses Kontrollinstrument verweigert die SVP aber in ihrem Gesetzentwurf in Bezug auf die einfache Gesetzgebung und auf Beschlüsse der Landesregierung.
Die Initiative hat bereits im vergangenen September eine konstruktive Alternative zum genannten Referendum vorgeschlagen. Die Bevölkerung soll in einer Volksbefragung entscheiden können, welche Regelung der Direkten Demokratie sie vorzieht: Den (noch einmal verbesserten) Gesetzentwurf, dem Südtirols Bürgerinnen und Bürger bereits 2009 in der Volksabstimmung mit großer Mehrheit zugestimmt haben und den sie jetzt mit nochmals 12.600 Unterschriften als Volksbegehren wieder in den Landtag gebracht haben, oder den von der SVP eingebrachten Gesetzentwurf, mit dem Direkte Demokratie auf ein reines Anregungsrecht reduziert wird. Die wirklichen Stimmrechte werden unanwendbar gemacht. Eine solche Volksbefragung kann der Landtag jetzt beschließen und sich dann bei der Verabschiedung an ihr Resultat halten. Damit wäre den Südtirolern wirklich die Möglichkeit gegeben, zu sagen, was sie wollen – ohne Täuschung.