Wenn Bürgerinnen und Bürger sich um die Demokratie kümmern ...
Die Initiative für mehr Demokratie stellt ihren Landesgesetzentwurf zur Direkten Demokratie in Südtirol vor
7 Jahre nach einem ersten Anlauf mit zwei Volksbegehren für ein verbindliches Stimmrecht auf Landes- und Gemeindeebene, legt die Initiative für mehr Demokratie jetzt einen umfassenden Gesetzentwurf zur Einführung und detaillierten Regelung aller wesentlichen Instrumente der Direkten Demokratie vor.
Mit einem grundlegenden Unterschied zu damals: die damals noch fragwürdige verfassungsrechtliche Grundlage ist jetzt klar. Die Rechte auf direkte politische Beteiligung der BürgerInnen sind im reformierten Autonomiestatut festgeschrieben und der Landtag hat die Aufgabe sie gesetzlich zu regeln.
Die Arbeitsgruppe "Gesetzesinitiative" der Initiative für mehr Demokratie legt damit ein Gesetzeswerk vor, das die Demokratie in Südtirol als Machtausübung des Volkes in ihrer direkten Form definiert. Sie hat sich dabei an den fortschrittlichsten Regelungen der Direkten Demokratie in der Schweiz, in Deutschland und in Italien orientiert. Auszugestalten waren die beiden Grundfunktionen des Stimmrechtes, die die Direkte Demokratie vorsieht:
Das Initiativrecht als das Recht der BürgerInnen, selbst gesetzliche Regelungen einzubringen und in Abstimmungen darüber zu entscheiden. Dieses Recht wird anwendbar gemacht in Bezug auf Gesetze, Durchführungsverordnungen zu Gesetzen und zu Verwaltungsakten. Ganz wesentlich ist dabei die Regelung, die vorsieht, daß der Landtag einen eigenen Gegenvorschlag mit zur Volksabstimmung bringen kann. Sie stärkt und wertet den Landtag auf und bietet den BürgerInnen eine differenziertere Wahlmöglichkeit. Das Referendumsrecht als das Recht, die parlamentarische Gesetzgebung zu kontrollieren, indem ein verabschiedetes Gesetz (ein Rechtsakt) vor seinem Inkrafttreten zur Volksabstimmung gebracht werden kann. Im Sonderfall Südtirol war es aufgrund der unverhältnismäßigen Machtfülle der Landesregierung nötig, dieses Recht auch gegenüber der Exekutive geltend zu machen: mit dem Finanz- und dem Verwaltungsreferendum. Zusätzlich sind im Gesetzentwurf das Petitionsrecht, das Anregungsrecht (Volksbegehren) und das Befragungsrecht (Volksbefragung) geregelt.
Die Verfahren wurden anwendungsfreundlich geregelt:
die Unterstützungszahlen liegen bei den im Autonomiestatut für das Satzungsreferendum festgelegten und den in Italien und in der Schweiz üblichen 1-2,5 Prozent der Stimmberechtigten;
wie überall, wo direktdemokratische Regeln von den BürgerInnen selbst ausgearbeitet und durchgesetzt worden sind und wie vom Autonomiestatut für das Satzungsreferedum festgelegt, sehen auch wir vor, daß die Mehrheit der Abstimmenden entscheidet;
eingebaut ist weiters eine ganze Reihe von Garantien für eine gute und sinnvolle, faire, transparente und gleichberechtigte Anwendbarkeit der neuen politischen Beteiligungsrechte: das Recht der Einbringer auf Rechtsberatung und auf Kostenrückerstattung, der Abstimmenden auf institutionell garantierte objektive Information, auf gleichberechtigten Einsatz öffentlicher Mittel zur Werbung, auf Transparenz bei der Finanzierung der Kampagnen.
Die Initiative stellt jetzt ihren Gesetzentwurf mit Hilfe einer eigenen Zeitung, einer eigenen Internetseite (www.dirdemdi.org) und einem auf ihr eingerichteten Forum öffentlich zur Diskussion. Der Entwurf wird in den nächsten Tagen auf die Seite geladen.
Aufgrund zahlreicher vorhergegangener Kontakte, werden vor allem die verschiedensten Organisationen jetzt den Vorschlag begutachten, mit der Arbeitsgruppe der Initiative diskutieren und eigene Vorschläge einfließen lassen.
Auch die institutionelle politische Ebene hat Interesse bekundet: die Sonderkommission des Landtages erwägt eine Anhörung der Arbeitsgruppe der Initiative. Zur Vertiefung einzelner zentraler Aspekte der Verfahrensregeln zur Direkten Demokratie plant die Initiative für dieses Jahr noch eine international besetzte Tagung und in vielen Veranstaltungen auf Gemeindeebene die Vorstellung des Gesetzentwurfes und die Diskussion mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern.
Die Initiative praktiziert damit ansatzweise jenes Beteiligungsverfahren, das bei der Neugestaltung der Regeln der Demokratie in Südtirol in einem die gesamte Bevölkerung einbeziehenden Prozeß angebracht wäre.
Demokratie braucht Zeit, Zeit zur Reifung, Zeit für viele Menschen mitzumachen. Die Initiative läßt sich Zeit und läßt die Zeit reifen für ein neues Volksbegehren, über das der Landtag mit dem Gesetzentwurf verpflichtend befaßt werden kann. Vordringlich für die Initiative ist jetzt die Diskussion, die Verbreitung von Kenntnissen über die für Südtirol noch weitgehend unbekannte, direkte Seite der Demokratie. Nur so kann wirklich eine neue Demokratie-Zeit für Südtirol anbrechen.