Aufruf und Stellungnahme der Initiative für mehr Demokratie zum anstehenden Referendum über die Verfassungsreform
Der Vorstand der Initiative für mehr Demokratie ruft alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, am kommenden Sonntag/Montag die Möglichkeit der Volksabstimmung über die von der Regierung Berlusconi gewollte Verfassungsreform zu nutzen!
Mit der Teilnahme an der Abstimmung gilt es vor allem auch den unschätzbaren Wert dieser Form des Referendums zu bestätigen. Der Vorstand spricht sich zugleich ganz entschieden dafür aus, mit einem Nein gegen diese "Reform" zu stimmen.
Allein schon die Art und Weise, wie sie zustande gekommen ist, verlangt eine strikte Ablehnung. Eine Verfassung, die 60 Jahre lang die Grundlage des italienischen Staatswesens war, das für Südtirol immerhin eine weltweit exemplarische Autonomie möglich gemacht hat, kann und darf nicht in einem solchen Ausmaß, kurzerhand und einseitig, von einer Regierungsmehrheit grundlegend geändert werden, ohne eine umfassende Information und ohne ausreichend Zeit für einen Meinungsbildungsprozess in der gesamten italienischen Bevölkerung.
Mit dieser „Reform“ würde die parlamentarische Demokratie abgeschafft und eine Präsidial“demokratie“ eingerichtet. Sie weist genau in die entgegengesetzte Richtung von dem, was Not tut: Sie brächte eine Machtkonzentration für die Regierung mit sich, wie sie heute weniger denn je zu brauchen ist. Auf der Strecke bliebe eine Demokratie, die gerade erst mit der kleinen Verfassungsreform 2001 - per Referendum vom Volk angenommen – Aufwind erhalten hat: eine Demokratie, die auf die Fähigkeit der Menschen zur Selbstorganisation setzt, zum Dialog, zur freien Abstimmung aufeinander und zu einer Selbsterziehung der Gesellschaft durch gemeinsames politisches Handeln.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich hinter dieser „Verfassungsreform“, die auf einen ersten Blick in sich widersprüchlich und blind zusammengewürfelt erscheint, ein wohl durchdachtes Konzept zur Machtergreifung und Machtzementierung von Personen verbirgt, die auf demokratische Prozesse verzichten wollen. Auch nur die entfernteste Möglichkeit einer solchen Gefahr macht deutlich, was wir an diesem Instrument des bestätigenden Referendums haben. Dies gilt es mit hoher Stimmbeteiligung zu unterstreichen.
An diesem Referendum bekommen wir überdies konkret vorgeführt, dass die Abwesenheit eines Beteiligungsquorums nicht nur gefahrlos ist, sondern im Gegenteil dazu zwingt, dass die widerstreitenden Positionen offen um die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger konkurrieren und damit eine Urteilsbildung erleichtern.
Stephan Lausch
(Koordinator der Initiative)