Direkte Demokratie: SVP-Gesetzentwurf wäre auch mit 10.000 Unterschriften-Hürde unbrauchbar!
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 30. Mai 2013 16:33
Im Hinblick auf eine mögliche abschließende Behandlung des SVP-Gesetzentwurfes zur Bürgerbeteiligung vor der Sommerpause stellt die Initiative für mehr Demokratie fest:
Am Sonntag, den 25. November findet in der Gemeinde Mals die Volksabstimmung über den Bau eines Kraftwerkes am bisher naturnahen Rambach statt. Die Voraussetzungen, auch in Südtirol endlich eine Abstimmung zu erleben, die nach fairen Regeln für alle zufriedenstellend verläuft, schienen dieses Mal gegeben mit einer gerade erst vollzogenen Reform der Mitbestimmungsrechte in Mals, die beispielhaft ist.
Nun ist es leider aber auch dieses Mal noch nicht so weit, weil man den Wert guter Regeln für ein wirklich demokratisches Verfahren nicht ernst genug nimmt.
Herr Obmann der Südtiroler Volkspartei,
es ist Zeit, Sie und die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land an Ihr persönliches Verhalten, das Ihrer Partei und Ihrer Abgeordneten im Südtiroler Landtag zu erinnern, nämlich an Ihren seit vielen Jahren beschämenden Umgang mit dem so hohen Gut der Demokratie, mit der Mitbestimmung, zum Schaden der Demokratie.
Damit auch deutlich ist, worum es geht: Der oberste Wert in einer Demokratie ist nicht, wie Sie vielleicht meinen mögen, das Recht vertreten zu werden, sondern die Beteiligung aller Betroffenen an den Entscheidungen, die für alle gelten.
hier der ganze Brief:
Offener_Brief_Theiner_März2013_Endf.pdf
Bei der heutigen Pressekonferenz hat sich der neue Vorsitzende der Initiative für mehr Demokratie vorgestellt. Erwin Demichiel, bis vor einem Jahr im Landesgesundheitsdienst tätig, übernimmt den Vorsitz von Otto von Aufschnaiter. Er hat der Initiative seit ihrer Gründung als Verein im Jahr 2000 ausgleichend und die verschiedenen Positionen wertschätzend und fruchtbar vermittelnd vorgestanden und unterstützt sie weiter als Vorstandsmitglied. Der langjährige Vorsitzende musste zwar erleben, wie die SVP bis heute wirksame Mitbestimmungsrechte der BürgerInnen verhindert, darf sich aber auch darüber freuen, dass die Initiative eine politische Perspektive für Südtirol geworden ist, mit der sehr viele Menschen ihre politischen Hoffnungen verbinden. Der neue Vorsitzende legt entsprechend auch besonderen Wert darauf zu sehen, was indirekt im Sinne der Initiative über die Jahre sich entwickelt hat, allem voran ein stärkeres Selbstbewusstsein der BürgerInnen und ein produktiver Zorn über die völlig veraltete autoritäre politische Praxis in unserem Land.
„Unausgegoren und ungehobelt“, so kommentiert der Vorstandssprecher von Mehr Demokratie in Deutschland, Ralf-Uwe Beck, den von der SVP vorgelegten Gesetzentwurf zur direkten Demokratie in Südtirol. Beck hat sich bei einem dreitägigen Besuch der Südtiroler Initiative für mehr Demokratie über die Situation nach der Volksabstimmung 2009 informiert, an deren Informationskampagne er aktiv teilgenommen hatte.
Vor einem Jahr hat SVP-Obmann Theiner versprochen, dass die Südtiroler innerhalb des Jahres in einer Volksabstimmung über ein von der SVP vorgelegtes neues Wahlgesetz und ein Gesetz zur Direkten Demokratie entscheiden werden können. Weil diese Partei dabei nur ihre eigenen Machtinteressen verfolgt hat, stehen wir jetzt hingegen vor einem Scherbenhaufen der Demokratiegesetze in unserem Land. Die Lehre daraus ist die Bestätigung eines der obersten Grundsätze der Demokratie: Die Regeln der Demokratie dürfen nicht von der politischen Vertretung, sondern müssen von den Bürgerinnen und Bürgern selbst oder von einem nur für diese Aufgabe von ihnen gewählten Konvent entschieden werden. Diesen Weg verfolgt die Initiative für mehr Demokratie beharrlich weiter.
Bruno Kaufmann ist Journalist
bei Zeitungen wie Tagesanzeiger, Weltwoche und Die Zeit, European Voice, bei Sveriges Radio, Schweizer Radio und Fernsehen.
Mitbegründer und Koordinator der europäischen BürgerInnenbewegungen
für eine direktdemokratische Europäische Verfassung (eurotopia, 1991), Präsident des Initiative and Referendum Institute Europe (IRI, 2001), Co-Präsident des Global Forum on Modern Direct Democracy (GFMDD, 2008) und Co-Präsident der Schweizerischen Demokratiestiftung (SDS, 2011).
Sachverständiger zahlreicher Verfassungsgebungsprozesse
u.a. in Deutschland (Gemeinsame Verfassungskom. 1991/92),
Europa (Verfassungskonvent 2002/03),
Taiwan (Volksgesetzgebung, seit 2003),
Schweden (Verfassungsrevision, seit 2005),
Island (Neue Verfassung, seit 2009),
Faroer-Inseln (Neue Verfassung, seit 2010).
Er berät Demokratiestiftungen und internationale Organisationen rund um die Erde, wie International IDEA (seit 2004), Taiwan Foundation for Democracy (seit 2004), Europarat (seit 2005), Korea Democracy Foundation (seit 2008) und UNDP (seit 2008).
Verfasser und Herausgeber zahlreicher Hand- und Sachbücher zur Modernen Direkten Demokratie,
die weltweit in mehr als 30 Sprachen publiziert worden sind, darunter das ”Handbuch zur Direkten Demokratie” (2005),
”The European Citizens Initiative Handbook” (2001) sowie die im Springer Verlag erschienene Forschungsreihe ”Modern Direct Democracy in Europe”.